Zulieferer, die deutsche Automobilhersteller beliefern, sind ihnen bestimmt schon einmal begegnet: VDA-Empfehlungen. Sie dienen der Standardisierung und sind für Zulieferer besonders beim Thema Datenaustausch und warenbegleitende Papiere relevant.
Der Verband der Automobilindustrie ist eine Interessensvertretung für die deutsche Automobilindustrie. Das Ziel ist, die Interessen seiner Mitglieder gegenüber Politik, Medien und anderen Gruppen zu vertreten. Der Verband hat rund 600 Mitgliedsunternehmen. In verschiedenen Ausschüssen und Arbeitskreisen arbeiten Mitglieder zusammen, um Antworten auf zentrale Fragen zu finden.
Als zentraler Verband für die Automobilindustrie in Deutschland, hat sich der VDA zur Aufgabe gesetzt, „für die richtigen Rahmenbedingung zu sorgen, damit Unternehmen ihre Angebote erfolgreich auf den Markt bringen können“. Dazu zählen auch Bestrebungen, Industrie-Standards und -Normen festzulegen.
Neben national und international rechtlich festgelegten Regulierungen zum Beispiel zu Sicherheitsthemen gibt es auch freiwillige Richtlinien und Empfehlungen. Sie dienen zur Standardisierung von Prozessen und Dateiformaten. Die VDA-Empfehlungen werden häufig VDA-Richtlinien genannt, obwohl es sich genau genommen nur um Empfehlungen handelt. Niemand ist verpflichtet sich an diese Vorgaben zu halten. Auch Automobilhersteller, die VDA-Empfehlungen nutzen, ändern die Vorgaben oft ab.
Theoretisch sind die Empfehlungen nicht nur für die Automobilindustrie relevant. Auch andere Branchen können die VDA-Publikationen nutzen, beispielsweise die Medizintechnik oder auch die Elektronikbranche.
Inhaltlich beschäftigen sich die Empfehlungen mit sehr unterschiedlichen Themen. Sie tragen so schöne Namen wie „Elastomerbeständigkeit – Bestimmung des Verhaltens gegen Prüföle“ (VDA 675-301) oder „Bewertungsempfehlung für den Personenschutz gegenüber niederfrequenten Magnetfeldern im Kraftfahrzeug“ (VDA 460-100). Alle Empfehlungen mit Nummern zwischen 4900 und 4999 drehen sich nur um den Datenaustausch in der Lieferkette und mit warenbegleitenden Papieren.
Standardisierung verfolgt ein einfaches Ziel: Optimierte Prozesse auf Basis von erprobten Vorgaben. Warum sollte ein Automobilhersteller im Versuchsverfahren eigene Vorgaben entwickeln, wenn es schneller, effizienter und nachhaltiger mithilfe von Standards funktioniert?
Die Vorteile der Empfehlungen des Automobilverbandes betreffen vor allem die Autohersteller selbst:
Optimierung der Prozesse, um Kosten zu senken und Ressourcen effektiver zu nutzen.
Etablierung eines einheitlichen Qualitätsstandards in der Lieferkette.
Klare Übersicht über die Prozesse, um mögliche Engpässe oder Fehler frühzeitig zu erkennen.
Sicherstellung der Liefertreue, um die Kundenzufriedenheit und -bindung zu erhöhen.
Darüber hinaus sind Autohersteller nicht daran gebunden, VDA-Empfehlungen zu nutzen oder zu befolgen. Sie haben also die volle Flexibilität, wie sie ihre Prozesse gestalten möchten.
Für die Zulieferer gilt das jedoch nicht. Daher sind sie auch diejenigen, die am meisten mit den Nachteilen zu kämpfen haben. In kaum einer anderen Branche können Kunden so genaue Vorgaben zur eigenen Belieferung machen wie in der Automobilindustrie. Zulieferer sind mit einer sehr großen Anzahl von Vorgaben konfrontiert und von Standardisierung ist hier kaum etwas zu spüren:
Da die VDA-Empfehlungen keine festen Vorschriften sind, können Automobilhersteller diese ganz unterschiedlich auslegen. Beispielsweise nutzt Volkswagen zwar die VDA 4939, die Vorgaben zur Gestaltung und zum Inhalt von Sendungsbelegen enthält. Trotzdem ist das sogenannte Anwenderhandbuch von VW mit allen Ergänzungen und Abweichungen eine PDF-Datei mit knapp 30 Seiten.
Auch wenn ein Zulieferer also mehrere Autohersteller mir den gleichen VDA-Vorgaben beliefert, kann die Umsetzung im Detail sehr unterschiedlich ausfallen. Selbst bei so kleinen Details wie einzelne Angaben auf Sendungsbelegen bedeutet das für einen Zulieferer oft, dass er für jeden einzelnen Kunden einen eigenen Sendungsbeleg einrichten muss, um sich genau an die individuellen Vorgaben halten zu können.
Die grundlegende Unterscheidung, die der VDA trifft, sind die Kosten: Einige Richtlinien oder Empfehlungen sind kostenlos beziehbar, andere müssen bezahlt werden.
Darüber hinaus scheint die Liste der verschiedenen Themen endlos zu sein. Es geht um Qualitätssicherung, Materialien, Prozesse oder auch Kennzahlen. Einige Beispiele finden sich oben im Text. Einen Überblick können Sie auf der Seite des VDA bekommen: https://www.vda.de/de/aktuelles/publikationen
Die kostenpflichtigen VDA-Empfehlungen finden Sie im VDA-Webshop: https://webshop.vda.de/VDA/de/vda-empfehlungen
Achtung: Die sogenannte VDA-Norm ist eine andere Geschichte. Für die Ausmessung von Kofferraumvolumen gibt es eine DIN-Norm, die auf einer inzwischen jahrzehntealten Empfehlung des VDA basiert. Diese DIN-Norm (70020) gibt an, wie mithilfe von Messquadern mit einer Größe von 200mm x 100mm x 50 mm das Volumen eines Kofferraums ausgemessen werden soll. Umgangssprachlich hat sich dafür der Begriff VDA-Norm durchgesetzt. Die Aussagekraft dieser „VDA-Norm“ wird immer wieder bezweifelt, zum Beispiel auch vom ADAC.
Für Zulieferer sind dabei vor allem die Empfehlungen relevant, die sich mit dem Datenaustausch zwischen Zulieferer und Automobilhersteller beschäftigen. Dies betrifft alle Empfehlungen mit den Nummern 4900 bis 4999, wobei einige davon nicht mehr aktuell beziehungsweise inzwischen veraltet sind.
Der VDA stellt eine Liste dieser Empfehlungen mit der jeweiligen Angabe zur Gültigkeit zur Verfügung: Liste der Empfehlungen zum Datenaustausch in der Lieferkette und zu warenbegleitenden Papieren (4900-4999)
Darüber hinaus sind auch andere VDA-Empfehlungen wichtig. Beispielsweise beschäftigt sich die VDA-Empfehlung 5011 mit der „Bewertung von logistischer Lieferleistung“. Diese Empfehlung enthält unter anderem eine Berechnungsformel für die Kennzahl Liefertreue. Damit bewerten Automobilhersteller auch die Liefertreue ihrer eigenen Lieferanten. Auch wenn der Lieferant im Fall dieser VDA keine besonderen Vorgaben erfüllen muss, empfiehlt es sich, sich genauer mit dieser VDA auseinanderzusetzen, um alle Kriterien zu kennen, mit denen ein Automobilhersteller seine Zulieferer bewertet.
Hier finden Sie einen Auszug von VDA-Empfehlungen, die bestimmte Automobilhersteller einsetzen:
SAP-Berater*innen, die für Automobilzulieferer arbeiten, kennen diesen Konflikt: Auf der einen Seite sind sie mit komplexen Anforderungen der Automobilhersteller konfrontiert, die sehr genaue Guidelines für den Datenaustausch mit ihren Zulieferern beinhalten. Und auf der anderen Seite steht da oft ein SAP-System, das nicht auf diese Anforderungen ausgerichtet ist. Wie genau man mit diesem Problem umgehen kann und welche Lösungen es gibt, untersucht für Sie dieses Whitepaper.