Bei Warenlieferungen aus Deutschland in einen anderen EU-Staat handelt es sich um innergemeinschaftliche Lieferungen. Derlei Lieferungen innerhalb der EU sind nach § 4 Umsatzsteuergesetz (UStG) unter gewissen Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Damit dies gültig wird, muss der ausländische Kunde zum Vorsteuerabzug berechtigt sein und über eine Umsatzsteuer-ID Nummer verfügen. Für die Umsatzsteuerbefreiung von Warenlieferungen ins EU-Ausland muss nach erfolgter Lieferung an den Empfänger der Nachweis des Gelangens (der tatsächlichen Zustellung) erbracht werden. Diese Maßnahme wurde durch die Steuerbehörden insbesondere eingeführt, um das Risiko von Umsatzsteuerbetrug zu minimieren. Unternehmen müssen dementsprechend eine Gelangensbestätigung einholen, um die Lieferung ohne Umsatzsteuer an den Kunden fakturieren zu können. Bei Prüfungen durch die Finanzbehörden muss dieser Nachweis vorgelegt werden können.
Hintergrund
Der Protest der Wirtschaft, bezüglich aufwendiger Nachweisvorschriften für umsatzsteuerfreie Lieferungen ins EU-Ausland Anfang der 2010er-Jahre, führte punktuell zur Vereinfachung der Regelungen. Bei Eigentransport durch den Lieferanten und Transport durch Dritte sind die Änderungen gegenüber bisherigen Nachweisregelungen gering.
Die größte Änderung betrifft die Selbstabholer. Hier ist ein Beleg des Abholers über die erfolgte Lieferung nötig, der erst nach dem Transport ausgestellt wird. Eine Verbringungs-Beabsichtigung zum Zeitpunkt der Abholung ist nicht mehr ausreichend. Weiterhin wird aber zwischen Beförderungsfällen und Versendungsfällen unterschieden.
Die heute gültigen Nachweispflichten für Warenbewegungen von Deutschland ins EU-Ausland wurden 2013 vom Bundesrat verabschiedet. Demnach können neben einer Gelangensbestätigung auch andere Verbringungsnachweise gleichen Inhalts genutzt werden. Die im Jahr 2013 in Kraft getretene neue Umsatzsteuer-DVO umfasst folgende Kernpunkte, ergänzt um die Unterscheidung von Abhol- und Bringfällen seit 2020:
- Um von der Umsatzsteuer befreit zu werden, muss ein Verkäufer nachweisen, dass die gelieferte Ware für den Betrieb des Empfängers bestimmt und dort eingetroffen ist. Die Gelangensbestätigung soll Steuerhinterziehung durch sogenannte Karussellgeschäfte erschweren.
- Die Erfüllung der Voraussetzungen muss eindeutig und leicht nachprüfbar sein. Dies bedeutet nach UStDV § 17 Abs. 1 einen Nachweis, der nach § 14 des Gesetzes durch das Doppel der Rechnung geführt wird.
- Der Warenabnehmer stellt die Gelangensbestätigung aus und unterzeichnet diese. Wenn der Spediteur vom Zulieferer dazu beauftragt wurde, kann der Warenempfänger die Gelangensbestätigung dem Spediteur auch direkt aushändigen. Ansonsten kann diese in schriftlicher oder elektronischer Form an den Versender übermittelt werden.
Form und Pflichtangaben
§ 17b Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) definiert Form und Inhalt einer Gelangensbestätigung.
Es gibt keine Formvorschriften für die Erstellung einer Gelangensbestätigung. Die Gestaltung ist freigestellt, lediglich alle geforderten Angaben müssen enthalten sein. Zur Orientierung bieten Industrie- und Handelskammern Musterformulare an. Gelangensbestätigungen können auch als Sammelbestätigung ausgestellt werden. Dabei werden z.B. die Lieferungen eines Quartals zusammengefasst.
Folgende Angaben sind in einer Gelangensbestätigung verpflichtend festzuhalten:
- Name und Anschrift des Abnehmers
- Handelsübliche Bezeichnung der Ware und Mengenangabe
- Fahrzeug-Identifikationsnummer im Falle eines Fahrzeuges
- Ort und Monat des Empfangs der Ware (auch, wenn der Abnehmer die Ware selbst befördert)
- Ausstellungsdatum der Bestätigung
- Unterschrift des Empfängers oder eines Abnahmebeauftragten (bei elektronischer Übermittlung nicht nötig, sofern nachweisbar ist, dass die Übermittlung im Verfügungsbereich des Empfängers oder des Beauftragten erfolgte, zum Beispiel über den E-Mail-Account des Empfängers)
Versendung oder Beförderung
Zwischen Versendung und Beförderung einer Lieferung wird explizit unterschieden. Bei einer Versendung ist für den Transport eine dritte Partei verantwortlich – üblicherweise ein Spediteur oder Kurierdienst, der die Ware in das jeweilige Land bringt. Wenn der Lieferant oder Abnehmer die Ware selbst befördert, handelt es sich um eine Beförderung.
- Bei Versendungen erfolgt der Nachweis durch einen Frachtbrief, eine Spediteursbescheinigung oder ein Konnossement (Schiffsfrachtbrief).
- Frachtbriefe werden anerkannt mit Unterschrift vom Auftraggeber des Frachtführers und Unterschrift des Empfängers für Erhalt der Lieferung.
- Eine Spediteursbescheinigung muss die erfolgte Verbringung bestätigen. Dieser Fall ist nur gültig, wenn der deutsche Lieferant den Spediteur beauftragt hat.
- Beauftragt der Empfänger den Spediteur, ist die Spediteursbescheinigung nur gültig, wenn auch die Bezahlung des Liefergegenstands auf dem Bankkonto nachgewiesen wird.
- Bei elektronischer Verfolgung des Sendungsverlaufs reicht als Nachweis das Tracking-Protokoll zusammen mit der elektronischen oder schriftlichen Auftragserteilung. Das Protokoll muss den Transportweg lückenlos nachweisen. Im Falle von Postsendungen genügt die Empfangsbescheinigung des Postdienstleisters über die Entgegennahme der Sendung. Wurde die Bezahlung der Lieferung nachgewiesen, kann auf das Sendungsverlaufsprotokoll verzichtet werden.
Gelangensbestätigungen dürfen außer in deutscher Sprache lediglich in Englisch oder Französisch verfasst sein, andernfalls ist eine amtliche Übersetzung erforderlich.
Nachweiskategorien
Es existieren zwei unterschiedliche Nachweiskategorien, in denen eine Gelangensbestätigung zum Einsatz kommen kann. Beim Transport durch Lieferanten oder durch Abnehmer ist eine Gelangensbestätigung immer erforderlich. Erfolgt der Transport durch einen vom Lieferanten oder Abnehmer beauftragten Dritten ist die Gelangensbestätigung oder ein alternativer Nachweis nötig.
Werden Dritte in den Transport einbezogen, werden folgende Dokumente als Alternative anerkannt:
- Handelsrechtliche Frachtbriefe als Versendungsbelege, unterzeichnet vom Auftraggeber des Frachtführers und vom Empfänger als Erhaltsbestätigung; alternativ Konnossements
- Spediteursbescheinigung über erfolgte Lieferungen, sofern der deutsche Lieferant den Spediteur beauftragt hat. Dies kann auch elektronisch erfolgen.
- Spediteursbescheinigung über beabsichtigte Lieferung und Nachweis der Bezahlung der Ware über ein Bankkonto, sofern der Abnehmer den Spediteur beauftragt hat. Vielfach wird in diesen Fällen eine Gelangensbestätigung zum Nachweis nötig sein, da ausländische Spediteure häufig nicht mit der Spediteursbescheinigung nach deutscher Vorgabe vertraut sind. In diesem Fall wird mit Empfängerbestätigungen gearbeitet.
- Tracking und Tracing: Wird der Sendungsverlauf elektronisch verfolgt, genügt für den Nachweis die elektronische oder schriftliche Auftragserteilung samt dem Protokoll. Dieser Nachweis muss den Transport bis zur Auslieferung beim Empfänger lückenlos nachweisen. Bei Postsendungen ohne automatische Nachverfolgung genügt eine Empfangsbescheinigung des Postdienstleisters über Annahme der adressierten Sendung und ein Bezahlungsnachweis der Lieferung. Bei einem Gesamtwert von maximal 500 Euro kann auf das Protokoll verzichtet werden, wenn der Bezahlungsnachweis geführt wird. Bei Kurierdienstleistungen kann auf schriftliche Bestätigung des Kurierdienstes oder schriftliche Rahmenvereinbarungen hinsichtlich der Auftragserteilung verwiesen werden.
Der Nachweis per Frachtbrief, Spediteursbescheinigung Postdienstleister oder Kurierdienst darf aus mehreren Dokumenten bestehen, die nicht Bezug aufeinander nehmen müssen.
Gelangensbestätigung in SAP
Für die automatisierte Verwaltung von Gelangensbestätigungen in SAP ERP-Systemen dient die Add-on-Software SPEEDI Gelangensbestätigung SD (für Anforderung) und MM (für Erstellung) der WSW Software. Diese Lösung vermeidet aufwendige und fehleranfällige manuelle Abwicklung. Der SAP-Standard bildet den Prozess der Gelangensbestätigung nicht durchgängig ab.
Die Lösungen der WSW Software ermöglichen die automatisierte Abwicklung des Einholens und Ausstellens von Gelangensbestätigungen in SAP. Möglich ist die Einzel- oder Sammelverarbeitung in verschiedenen Ausgabeformaten. Die Prozessabwicklung ist rechtskonform und nahtlos in SAP ERP und S/4HANA integriert.
Beispiel 1: Umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung
Ein deutscher Möbelhersteller liefert Stühle und Schränke an ein Möbelhaus in Frankreich. Damit die Lieferung für das deutsche Unternehmen umsatzsteuerfrei ist, muss eine Gelangensbestätigung als Nachweis an das deutsche Möbelhaus gesendet werden.
Beispiel 2: Abholfall
Ein slowakischer Autohändler sieht bei seinem Urlaub an der deutschen Ostsee einen Wagen, den er erstehen und in der Slowakei weiterverkaufen möchte. Unter Nachweis seiner USt ID-Nummer kauft er ihn also und bringt ihn aus dem Urlaub mit nach Hause. Der Verkäufer stellt hierfür eine Rechnung ohne Umsatzsteuer aus. Anschließend sendet er dem deutschen Autoverkäufer eine Gelangensbestätigung als Nachweis für eine umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu.
Wussten Sie schon?
Fazit
Warenlieferungen zwischen Unternehmen in Deutschland und einem EU-Mitgliedsstaat werden als innergemeinschaftliche Lieferung bezeichnet. Um eine umsatzsteuerfreie Lieferung tätigen zu können ist jedoch ein Nachweis darüber erforderlich, dass der Empfänger im EU-Ausland die Ware tatsächlich erhalten hat. Als üblicher Nachweis gilt die Gelangensbestätigung. Alternativen können je nach Modalitäten auch Frachtbriefe, Spediteursbescheinigungen oder Nachweise von Kurier- und Postdienstleistern sein.