Im Handel, in Logistikunternehmen, aber auch der Produktion muss sichergestellt werden, dass Waren oder Materialien immer in einer ausreichenden Menge vorhanden sind. Immer wieder muss also für Nachschub gesorgt werden, damit genug Bestand auf Lager ist. Doch was genau ist „genug“? Und wie verhindert man, zu viel Material auf Lager zu haben? Mit einer möglichst genauen und effizienten Antwort auf diese Fragen beschäftigt sich die Nachschubsteuerung.
Mithilfe der automatisierten Nachschubsteuerung soll eine hohe Verfügbarkeit von Vorprodukten und Materialien sichergestellt werden. Dabei sollen:
Man unterscheidet drei verschiedene Nachschubvarianten:
Je nachdem, warum der Nachschub ausgelöst wird, kann man außerdem drei Verfahren unterscheiden:
Ein drittes Kriterium bildet die Nachschubmenge:
Aus den verschiedenen Varianten und Verfahren ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten einer möglichen Nachschubstrategie. Die Ermittlung einer solchen Strategie findet in vielen Fällen nicht für das gesamte Unternehmen statt, sondern richtet sich nach Baugruppen, Produktgruppen oder sogar Einzelteilen.
Im Idealfall beschafft ein produzierendes Unternehmen von seinen Lieferanten immer genau so viele Vorprodukte, um mit einer maximal ausgelasteten Produktion die eigenen Kundenaufträge erfüllen zu können. Dazu kommt: Aktuelle Entwicklungen wie beispielsweise individualisierte Einzelbestellungen (Losgröße 1), extreme Nachfrageschwankungen oder kurze Produktzyklen stellen hohe Anforderungen an den Materialfluss und damit auch an die Nachschubsteuerung. Mit aufwendigen Prozessen, die eine Nachbestellung zur Ergänzung von Beständen manuell auslöst, stößt man schnell an Grenzen. Die Nachschubsteuerung muss also möglichst automatisiert stattfinden.
Speziell in der Automobilindustrie, die mit einer sehr engen Taktung der Produktion arbeitet, sind die Anforderungen an die Nachschubsteuerung besonders komplex. Man trifft daher häufig auf Sonderformen der automatisierten Nachschubsteuerung, die im Folgenden erläutert werden.
Die Nachschubsteuerung nach dem Vendor Managed Inventory (VMI) Prinzip bezeichnet ein logistisches Konzept, das die Lieferkette in ihrer Performance umfassend verbessern und optimieren kann. Dabei verwaltet der entsprechende Lieferant die Bestände seiner Artikel beim Kunden selbst und kümmert sich in Abhängigkeit der Lagerbestände und Bedarfe des Kunden eigenständig um Nachschublieferungen.
Wann eine Nachschublieferung erfolgt, hängt davon ab, was zwischen dem Lieferanten und dem Kunden vereinbart wurde. Im Wesentlichen gibt es drei Varianten.
Beim klassischen VMI plant der Lieferant die Nachschublieferung in Abhängigkeit der Abverkaufs- und Verbrauchsdaten, die ihm der Kunde zur Verfügung stellt. Um dies zu ermöglichen, erhält der Lieferant Zugriff auf den aktuellen Bestand des Lagers beim Kunden.
Bei der kontinuierlichen Belieferung prüft der Lieferant im Rahmen von Besuchen beim Kunden den vorrätigen Bestand und bestimmt anschließend den Umfang der nächsten Nachschublieferung. Da ein gewisser Mindestbestand vorgehalten werden sollte, um Unterbrechungen in nachgelagerten Produktionsprozessen zu vermeiden, spricht man auch von einem „Nachschub zur Vorsorge“.
Eine Erweiterung des VMI-Ansatzes ist die Einrichtung beziehungsweise Nutzung eines Konsignationslagers in der Nähe oder unmittelbar beim Kunden des Lieferanten. Die Besonderheit: Die im Konsignationslager vorgehaltenen Artikel bleiben bis zur Entnahme durch den Kunden im Besitz des Lieferanten.
Für den Kunden bietet ein Konsignationslager diverse Vorteile wie:
Auch der Lieferant profitiert durch den passgenauen Belieferungsservice, weil er aktiv die Bestände des Kunden beeinflussen kann und durch die damit verbundene Zuverlässigkeit eine langfristige Kundenbindung effektiv fördert. Die Warenversorgung aus dem Konsignationslager in Form von Verwaltung oder Nachschubdisposition wird entweder durch den Lieferanten selbst oder durch einen externen Dienstleister getragen.
Damit der VMI-Prozess IT-seitig abgebildet werden kann, bedarf es häufig der Erweiterung eingesetzter Standardsoftware. Im SAP-Umfeld kann beispielsweise die Lösung SPEEDI VMI eingesetzt werden, wodurch alle Schritte der effizienten Nachschubsteuerung transparent von Kunden und Lieferant nachvollzogen, überblickt und gesteuert werden können.
Eine weitere Möglichkeit ist das Einbinden eines externen Dienstleisters (EDL), der sich um das Konsignationslager in der Nähe des Kunden oder auf dem Gelände des Kunden kümmert. Dabei ist der EDL meist eine rechtlich unabhängige Firma, die Dienstleistungen für Lieferantenfirmen übernimmt. Der externe Dienstleister führt aktuelle Lagerbestände an, welche vom Lieferanten und Kunden übernommen werden. Der externe Dienstleister ist in der Lage, Mindestbestände im Konsignationslager zu überblicken und dazu befähigt, diese aufzubauen.
Der Einsatz von einem externen Dienstleister hat für den Lieferanten als auch für den Kunden Vorteile, denn hohe Lagerkosten und Lagerflächen können durch das Zusammenführen der unterschiedlichen Lager minimiert werden.
Auch hier ist es von zentraler Bedeutung, dass der Nachschubprozess automatisiert in einer Softwarelösung abgebildet werden kann, damit die Transparenz zwischen allen drei beteiligten Parteien gewährleistet wird. Für die Lieferanten gibt es daher spezifische Anwendungen, beispielsweise die SAP basierte Lösung SPEEDI EDL.
Die Streckenabwicklung bezeichnet den Vorgang, wenn Lieferanten bestimmte Bestellungen oder einzelne Lieferungen an externe Streckenlieferanten auslagern. Diese liefern Waren aus der Eigenproduktion direkt an den Kunden beziehungsweise das Konsignationslager in dessen Umgebung.
Der Bereich der Streckenabwicklung ist sehr divers und kann stark variieren. An dieser Stelle ist eine Automatisierung durch eine Software-Lösung eine effiziente Erleichterung für Zulieferer, die eine SAP ERP-Software in Gebrauch haben und diese Prozesse dort abbilden möchten.
Standardsysteme wie SAP ERP kommen jedoch bei solchen komplexen Prozessen an ihre Grenzen. Doch auch Streckenprozesse, denen der SAP-Standard nicht gerecht wird, können in einer SAP-gestützten Software abgebildet und kontrolliert werden. So kann manueller Extraaufwand und die damit verbundene Zeit gespart werden.