Wie können Fehler in der Produktion vermieden, Kosten gesenkt und die Produktqualität gesteigert werden? Eine aus Japan stammende Methode mit dem Namen Poka Yoke liefert Antworten auf zentrale Herausforderungen in der Industrie.
Was ist Poka Yoke?
Poka Yoke ist ein Konzept zur ständigen Qualitätsverbesserung in der Produktion. Erreicht wird dieses Ziel durch die Vermeidung von Unachtsamkeiten (Yoke) und unbeabsichtigter Fehler (Poka). Im Kern geht es bei der Methodik des Poka Yoke darum, alle Arbeitsgeräte und Materialien in einer Fertigungslinie so anzuordnen, dass Fehler erst gar nicht entstehen („Null-Fehler-Produktion“) oder entstandene Fehler umgehend aufgedeckt werden können. Technisch wird dies oftmals durch kostengünstige, einfache und wirkungsvolle Vorkehrungen gelöst.
Woher kommt der Begriff Poka Yoke?
Der Begriff Poka Yoke geht auf Shigeo Shingo, einem der Väter des Toyota-Production-Systems, zurück. Im Rahmen seiner statistischen Qualitätskontrolle stellte er fest, dass die entdeckten Fehler häufig auf den Fertigungsprozess zurückzuführen waren. Noch heute ist Shingos bekanntes Credo „Qualität wird nicht geprüft, sondern produziert“ zielweisend in der Qualitätssicherung.
Anfangs hieß Shigeo Shingos noch „Baka Yoke“, was mit „Narrensicherheit“ übersetzt werden kann. Diese Bezeichnung konnte sich jedoch nicht durchsetzen, zumal sie die Idee ihres Erfinders nicht korrekt widerspiegelte. Denn bei Poka Yoke steht, wie bei allen Konzepten im Lean Management, die Einbeziehung der Mitarbeiter im Fokus. Die bessere Bezeichnung eines Poka-Yoke-Systems wäre daher „fehlhandlungssicher“.
Shigeo Shingo fand es unbefriedigend, Fehler lediglich zu finden, nicht aber zu vermeiden. Wichtig ist dieser Gedanke aus zwei Gründen. Zunächst entstehen viele Fehlerursachen bereits früh im Produktionsprozess. Je später die Fehler entdeckt werden, desto höher sind die Kosten der Beseitigung. Somit ist es von großer Bedeutung, Fehler frühzeitig zu identifizieren oder sie präventiv zu vermeiden. Hinzu kommt, dass die Qualitätsprüfung von Endprodukten keine wertschöpfende Tätigkeit ist. Kontrollen verursachen stets Zusatzkosten, selbst wenn keine Fehler gefunden werden. Auch dieser Aspekt spricht dafür, Fehler frühzeitig auszuschließen oder umgehend zu beseitigen.
Weitere Hintergründe für die Entstehung von Poka Yoke waren folgende Erkenntnisse:
- Menschliche Fehlhandlungen stellen eine zentrale Fehlerquelle in der Produktion dar.
- 70 Prozent aller Unfälle in technischen Systemen sind auf menschliche Fehler zurückzuführen.
- 30 Prozent aller menschlichen Fehler treten zufällig auf (unabhängig von Motivation, Qualifikation und Prozessstandards) und sind so schwer zu vermeiden.
- Insbesondere repetitive Aufgaben sind besonders fehleranfällig.
Wie wird Poka Yoke in der Produktion umgesetzt?
Poka Yoke wird häufig als erste Maßnahme eingeführt, um die Qualität von Prozessen und Produkten durch die Vermeidung wiederkehrender Fehler zu verbessern.
Die Umsetzung erfolgt grundsätzlich in drei Schritten:
- Problemanalyse
- Sammlung und Bewertung von Ideen
- Umsetzung und Bewertung
Für die Produktion bedeutet dies, zunächst die Fehlerursachen zu analysieren. Im Anschluss werden Möglichkeiten der Problemlösung evaluiert. Hierbei lassen sich Detektions-, Auslöse- und Regulierungsmechanismen unterscheiden. Zu den Detektionsmechanismen zählen beispielsweise Sensoren, die den Druck oder die Temperatur überwachen.
Bei den Auslösemechanismen gibt es drei Varianten:
- Die Kontaktmethode: Der nächste Produktionsschritt erfolgt erst, wenn alle Komponenten vollständig sind.
- Die Fixwertmethode: Eine genaue Prüfung am Ende eines Arbeitsschritts, die überprüft, ob alle notwendigen Teilschritte tatsächlich durchgeführt wurden.
- Die Schrittfolgemethode: Die Überprüfung der Standardbewegungsabfolge eines Prozesses.
Wurde ein Auslöser „aktiviert“, greift einer der folgenden Regulierungsmechanismen:
- Die Eingriffsmethode: Der Vorgang wird unterbrochen.
- Die Alarmmethode: Optische oder akustische Signale machen auf den Fehler aufmerksam.
Wann wird Poka Yoke idealerweise implementiert?
Damit Poka Yoke sein volles Potenzial in der Produktion entfalten kann, sollte es bereits während der Prozessplanung berücksichtigt werden. Im Idealfall greift die Philosophie sogar bereits bei der Produktgestaltung.
Um ein erneutes Auftreten von einmal entdeckten Fehlern ausschließen zu können, wird Poka Yoke in Verbindung mit Source Inspection eingesetzt. Dabei handelt es sich um die genaue Analyse von Fehlerquellen um diesen anschließend besser vorbeugen zu können. Wenn Poka Yoke in Kombination mit dieser Inspektionsmethode zum Einsatz kommt, ist die Rede von einem Poka-Yoke-System.
Anwendungsbeispiele für Poka Yoke in der Produktion
Poka Yoke findet sich an vielen Stellen unseres Alltags. So lässt sich eine Waschmaschine erst starten, wenn die Tür vollständig geschlossen ist. Teure Wasserschäden aus diesem Grund werden also von vornerein ausgeschlossen. Bei Geldautomaten kann das Geld erst entnommen werden, wenn vorher die Karte herausgenommen wurde. Das Vergessen der Karte wird dadurch effektiv verhindert. Sinngemäß lässt sich dies auch auf die Produktion übertragen. Hier sind es sogenannte Schlüssel-Schloss-Vorrichtungen, bei denen Werkstücke zunächst korrekt in eine Maschine eingelegt werden müssen, um die Bearbeitung starten zu können.
Welche Vorteile hat Poka Yoke?
Besonders in der Planungsphase ist Poka Yoke verhältnismäßig kostengünstig und sofort einführbar. Im besten Fall führt das Konzept dazu, dass Fehler vollständig aus den Prozessen verschwinden.
Daraus ergeben sich folgende Vorteile:
- Die Fehlerkosten sinken
- Die Produktqualität steigt
- Die Arbeitssicherheit verbessert sich
- Die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit werden erhöht
Fazit
Poka Yoke ist eine einfache und zugleich effektive Methode der Fehlervermeidung. Durch die Implementierung nähern sich Unternehmen einer Null-Fehler-Produktion an. Zudem ist die Methodik gut dazu geeignet, im Rahmen der Lean Production Verschwendung zu vermeiden. Es ist also zielführend, sich frühzeitig mit der Implementierung des Konzepts zu befassen.